Dienstag, 25. Juni 2013

Die Nachbarunterschrift im Baugenehmigungsverfahren

von
Volpert Udo
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

  
Viele Grundstückseigentümer kennen diese Situation. Der Nachbar kommt vorbei und bittet um die Unterschrift auf seinem Bauplan. Weil man den Nachbarn durch Nachfragen nicht verärgern möchte oder gerade keine Zeit hat, unterschreibt man auf dem Plan, ohne diesen genau angesehen oder verstanden zu haben. Oft geschieht dies zwischen Tür und Angel.

Die rechtlichen Konsequenzen dieser Unterschriftsleistung sind kaum jemandem bekannt. Viele meinen, dass der Nachbar ohne diese Unterschrift keine Baugenehmigung bekäme und nicht bauen könnte. Zum Teil wird angenommen, dass man als Nachbar zu dieser Unterschriftsleistung verpflichtet wäre.

Tatsächlich ist niemand zu einer Unterschrift auf dem Bauplan des Nachbarn verpflichtet. Umgekehrt ist der Bauherr auch nicht auf die Nachbarunterschrift zur Erlangung der Baugenehmigung angewiesen. Die Nachbarunterschrift ist nicht Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung. Diese muss von der Baugenehmigungsbehörde erteilt werden, wenn die baurechtlichen Voraussetzungen – dazu gehört die Nachbarunterschrift nicht – hierzu vorliegen.

Art. 66 BayBO (Bayerische Bauordnung) gibt dem Nachbarn formell das Recht auf Vorlage bestimmter Bauvorlagen des bauwilligen Nachbarn („Den Eigentümern der benachbarten Grundstücke sind vom Bauherren oder seinem Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen“).Die Vorschrift dient dem Schutz der nachbarlichen Interessen. Der Nachbar soll erfahren, dass und in welchem Umfang neben seinem Grundstück ein Bauvorhaben entsteht, da dieses sich unter Umständen nachteilig auf das eigene Grundstück auswirken könnte. So kann ein an der Grenze gebautes Haus zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks führen; größere, vor allem gewerbliche Anlagen können beeinträchtigende Lärm- und Geruchsbelästigungen mit sich bringen. Zur Wahrung eigener Rechte kann Rechtschutz vor den Verwaltungsgerichten gesucht werden.

Leistet der Nachbar die Unterschrift auf den Bauplänen bedeutet dies einen Verzicht auf Abwehrrechtegegen dieses Bauvorhaben. Der Nachbar kann gegen die Baugenehmigung, auch wenn sie für ihn noch so nachteilhaft ist, nicht mehr mit Rechtsmitteln vorgehen. Eine Unterschrift ist wegen dieser weitreichenden Folgen deshalb vorher gründlich zu prüfen. Im Zweifel und zur Vermeidung des Rechtsverlusts sollte sie eher nicht geleistet werden.

Eine nicht erteilte Nachbarunterschrift hat für den Nachbarn zur Folge, dass ihm die Baugenehmigungsbehörde eine Kopie der Baugenehmigung zustellen muss. Diese könnte der Nachbar dann mittels Klage zum Verwaltungsgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist anfechten.

Die Kenntnis von einer solchen Genehmigung und seiner Auflagen ist für den Nachbarn oft sehr aufschlussreich. Hieraus kann er z. B. erfahren, welche Lärmgrenzwerte zu seinem Schutz gelten.

Für den Bauherren hat die nicht erteilte Nachbarunterschrift nur zur Folge, dass er nach Erteilung der Baugenehmigung und der zeitgleichen Zustellung an den Nachbarn erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von einem Monat Gewissheit hat, ob mit Einwendungen des Nachbarn gerechnet werden muss.

Es ist daher vor Erteilung einer Nachbarunterschrift ratsam, die Unterlagen genau durchzusehen und bei Zweifeln von einem Anwalt prüfen zu lassen. Dies schützt vor bösen Überraschungen.

Für all diese Fragen steht Ihnen in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Starflinger & Coll. Rechtsanwalt Udo Volpert, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht zur Beratung zur Verfügung.