Dienstag, 28. Oktober 2014

Kein Mitverschulden des Fahrradfahrers beim Nichttragen eines Schutzhelms


Bernd Würnstl
Rechtsanwalt

 
 
Wie der BGH mit Urteil vom 17.06.2014 (V ZR 281/13) nun klargestellt hat, führt allein das Nichtragen eines Schutzhelms von Fahrradfahrern bei Unfällen nicht zur Annahme eines Mitverschuldens.

Jedenfalls gilt dies für Unfallereignisse bis zum Jahr 2011. Aus der Begründung des BGH geht hervor, dass bis zum Jahr 2011 lediglich von einer Helmtragequote über alle Altersgruppen hinweg von 11 % auszugehen sei, weshalb nicht ein allgemeines Verkehrsbewusstsein bzgl. der Notwendigkeit des Helmtragens zum eigenen Schutz angenommen werden kann. Angesichts der zwischenzeitlich nur geringfügig gesteigerten Helmtragequote dürfte davon auszugehen sein, dass auch in den Folgejahren von diesem „Verkehrsbewusstsein“ auszugehen ist. Sollte sich dieser Wert in Zukunft deutlich erhöhen, ist jedoch durchaus eine andere Bewertung vorstellbar. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt daher abzuwarten.
 
Für Fragen rund um das Verkehrsrecht ist Herr Rechtsanwalt Bernd Würnstl Ihr richtiger Ansprechpartner.

Falsche Medikation – auch der Apotheker haftet





Dr. Stefanie Mayer

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht
 

 
Ein Arzt, der einem Patienten Medikamente in einer erheblich zu hohen Dosierung verordnet, haftet für die Gesundheitsschäden, welche dem Patienten daraus entstehen. Der Apotheker, der dem Patienten dieses überdosierte Medikament nach Rezeptvorlage aushändigt, kann unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in Anspruch genommen werden. Dies hat das OLG Köln in einer Entscheidung aus dem Jahre 2013 festgestellt.
 
Im zu entscheidenden Fall hatte die Mitarbeiterin einer Apotheke der Mutter eines Säuglings mit freier Trisomie 21 und Herzfehler nach ein Medikament in Tablettenform für Heranwachsende und Erwachsene ausgehändigt, weil dies auf dem vorgelegten Rezept so vermerkt war. Das Kind erlitt wegen der Übermedikation einen Herzstillstand und musste über 50 Minuten wiederbelebt und über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet werden.
 
Das OLG Köln wies dem Apotheker Verantwortung für die Übermedikation zu. Die Mitarbeiterin der Apotheke habe nicht auf die ärztliche Verschreibung vertrauen dürfen, da sie hätte erkennen müssen, dass die Darreichungsform für einen Säugling nicht geeignet war. Wegen aufkommender Zweifel hätte sie sich bei dem verschreibenden Arzt rückversichern müssen.
 
Da vorliegend dem Apotheker die besondere Situation des Kindes bekannt war, es sich um ein Herzmedikament handelte, die Mitarbeiterin die Packungsgröße anpassen musste (es gab nur 100er Packungen, das Rezept lautete auf 50) und sie zusätzlich empfahl, die Tabletten zu Zerbröseln, um sie dem Kind verabreichen zu können, ließ das Gericht den Einwand eines bloßen „Augenblicksversagens“ nicht gelten. Es ging von einem groben Pflichtenverstoß aus.

Weitere vergleichbare Haftungsfälle liegen der Kanzlei Dr. Starflinger & Coll. vor.













































































 
 

Montag, 13. Oktober 2014

Die strafbefreiende Selbstanzeige – quo vadis?


Ulrike Anders
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Steuerrecht
 

Mit dem Ziel der konsequenten Bekämpfung von Steuerhinterziehung haben sich die Finanzminister der Länder sowie zuletzt die Bundesregierung beschäftigt. Einhellige Auffassung ist, ab 01.01.2015 die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige sowie für das Absehen von Verfolgung  deutlich zu verschärfen, jedoch den Weg zur Steuerehrlichkeit nicht zu verbauen.

So hat das Bundeskabinett am 24.09.2014 einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige beschlossen und diesen dem Bundesrat wegen besonderer Eilbedürftigkeit sogleich zugeleitet.

Ab 01.01.2015 sollen u.a. folgende verschärfende Regelungen für die Erlangung einer Straffreiheit bei Steuerhinterziehung gelten:

-       Die Grenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung durch Abgabe einer Selbstanzeige strafbefreit bleibt, wird von derzeit € 50.000 auf € 25.000 je Tat abgesenkt.

-       Bei einem Hinterziehungsbetrag über € 25.000 wird Straffreiheit nur erlangt, wenn  zusätzlich zu der nachzuentrichtenden Steuer gleichzeitig ein Strafzuschlag gezahlt wird.

-       Der Strafzuschlag - derzeit 5% ab einem Hinterziehungsbetrag von mehr als € 50.000 – soll zukünftig abhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuern sein. Der gestaffelte Zuschlag beträgt:

o   Über € 25.000 bis zu € 100.000                     10% der hinterzogenen Steuern

o   Über € 100.000 bis zu € 1.000.000               15% der hinterzogenen Steuern

o   Über € 1.000.000                                             20% der hinterzogenen Steuern

-       Straffreiheit erlangt nur, wer zugleich mit den nachzuentrichtenden Steuern den ggf. festgesetzten Strafzuschlag sowie die Hinterziehungs- und Nachzahlungszinsen entrichtet.

-       Die Strafverfolgungsverjährung soll künftig einheitlich 10 Jahre betragen.

Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Lohnsteueranmeldung oder Umsatzsteuervoranmeldung begangen worden ist, soll zukünftig Straffreiheit eintreten, wenn die unrichtigen Angaben ergänzt, berichtigt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden. 

Die Kanzlei Dr. Starflinger & Coll. steht Ihnen mit Frau Rechtsanwältin/Fach-anwältin für Steuerrecht Ulrike Anders für Auskünfte zu diesem Themenkomplex sowie auch bei anderen steuerlichen  Fragestellungen gerne zur Verfügung.

Wechsel der Aufgaben bei langjähriger Beschäftigung


André Haider
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit aktuellem Urteil entschieden, dass keine Konkretisierung des Arbeitseinsatzes durch eine langjährige Beschäftigung auf einen Arbeitsplatz besteht. Die Nichtausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber hat keinen Erklärungswert. Nur bei einem Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch tatsächliches Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen. 

Weder ein langjähriger Einsatz auf einem Arbeitsplatz noch der dortige Erwerb besonderer Fachkenntnisse begründen, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, eine Konkretisierung des Arbeitseinsatzes. 

Das LAG Rheinland-Pfalz stellt damit in diesem Zusammenhang klar, dass selbst ein langjähriger Einsatz auf ein- und denselben Arbeitsplatz sowie die dort erworbenen spezifischen Fachkenntnisse noch keine besonderen Umstände darstellen, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er zukünftig nicht in anderer Weise eingesetzt werden darf.