Dienstag, 25. Juni 2013

Berliner Testament

von
Dr. Hubert Starflinger
Rechtsanwalt


Seit Jahrzehnten hat sich in Deutschland das sogenannte „Berliner Testament“ zur Regelung letztwilliger Verfügungen von Ehepartnern eingebürgert. In einem Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein meist i. V. m. Nachfolgeregelungen nach dem Tod des Zweitversterbenden.

Nach meiner Erfahrung ist diese Form des gemeinsamen Testaments in vielen Fällen ungünstig, ja sogar schädlich. Dennoch ist dieses Berliner Testament offenbar nicht ausrottbar. Der Staat kassiert durch solche häufig nicht durchdachten Regelungen jedes Jahr zusätzlich Millionen an Erbschaftssteuern, die bei einer überlegten erbrechtlichen Konstruktion nicht anfallen würden. Der entscheidende Punkt liegt darin, dass beim Tod des erstversterbenden Ehegatten die Freibeträge der Kinder in Höhe von jeweils € 400.000,00 nicht ausgenützt werden, untergehen und beim Tod des Zweitversterbenden nicht mehr nachgeholt werden können. Der zweite „Haken“ besteht darin, dass Ehegatten zwar gegenseitig einen Freibetrag von € 500.000,00 haben, bei einem diesen Betrag übersteigenden Vermögen sich aber durch das Berliner Testament das Vermögen bei einer Person konzentriert. Ansonsten würden nur die Hälfte des Vermögens der Steuer „ausgeliefert“ werden. Bei größeren Vermögen ist also die Konstruktion als „Berliner Testament“ tendenziell steuerschädlich. Ehepartner sollten insbesondere ältere Testamente überprüfen und gegebenenfalls ändern.

Schädlich sind Berliner Testament auch häufig deshalb, da die im Erbrecht vorgesehenen Unterscheidungen  zwischen Voll- und Schlusserbfolgen, Vor- und Nacherbfolgen oder Erbfolgen mit Nießbrauchsvermächtnissen nicht klar unterschieden sind und deshalb regelmäßig Erbstreitigkeiten auslösen. Viele Gerichtsverfahren befassen sich etwa mit der Frage, ob nach dem Tode des ersten der zweite Ehepartner an die gemeinsame Regelung gebunden ist oder wieder frei über das Gesamtvermögen verfügen kann. Da die Unterscheidung zwischen Bindungswillen der Ehegatten oder freiem Verfügungsrecht im Testament fehlt, kann nach dem Tode des Ersten in vielen Fällen keine Änderung mehr herbeigeführt werden.

Ich kann daher gerade älteren Ehepaaren nur den Rat geben, sich vor oder nach der Abfassung eines gemeinsamen Testaments beraten zu lassen. Eine Beratung kostet ca. € 150,00. Diese gibt den Eheleuten dann Gewissheit bzw. eröffnet speziell bei größeren Vermögen große Gestaltungsspielräume auch zur Vermeidung von Erbschaftssteuern.