Dienstag, 25. Juni 2013

Die GmbH: Wirtschaftliche Neugründung - Schlummernde Risiken für die Gesellschafter?

von
Ulrike Anders
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Steuerrecht


Wer kennt das nicht?

Als Unternehmer möchte man kurzfristig seine Geschäftsidee im Markt umsetzen. Hierzu bietet sich als Unternehmensform die GmbH an. Da der Unternehmer keine kostbare Zeit mit einer Unternehmensneugründung verlieren möchte, beteiligt er sich bzw. erwirbt er zu diesem Zwecke eine nicht mehr aktiv am Geschäftsleben teilnehmende GmbH (sog. Mantelgesellschaft). Umgehend werden die Satzung der erworbenen GmbH auf den neuen Unternehmensgegenstand hin geändert, der Firmensitz verlegt und neue Geschäftsführer bestellt. Des Weiteren haben die Geschäftsführer in diesem Fall der sog. "wirtschaftlichen Neugründung" den ungeschmälerten Bestand des Stammkapitals entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG zu versichern.

Ungeachtet dessen mag es vorkommen, dass - aus welchen Gründen auch immer - eine Offenlegung derwirtschaftlichen Neugründung durch die Geschäftsführer unterbleibt. Des Weiteren mag vorkommen, dass die Gesellschafter keine oder nur unzureichende Kenntnisse über das "Vorleben" der erworbenen und nunmehr aktivierten Mantelgesellschaft und deren Kapitalausstattung eingeholt hatten oder erlangten konnten. Und last but not least: Nachdem die Geschäftsidee nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg brachte, nimmt viele Jahre später der Insolvenzverwalter der GmbH die Gesellschafter unbegrenzt für alle Verluste in Anspruch, die seit dem Zeitpunkt der Aufnahme der neuen Geschäftstätigkeit entstanden sind.

So geschehen in dem von uns durch alle Instanzen hindurch durch Frau Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht Ulrike Anders betreutem Verfahren, entschieden durch den BGH mit Urteil vom 06.03.2012 - II ZR 56/10 - unter Zurückverweisung an das Oberlandesgericht München, nunmehr endgültig entschieden durch Urteil vom 21.02.2013.

Der BGH führte in seiner Entscheidung von März 2012 aus, dass die Haftung der Gesellschafter bei unterlassener Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung auf die Höhe der Deckungslücke, die sich zwischen dem Vermögen der Gesellschaft im Zeitpunkt der tatsächlich nach außen hin in Erscheinung tretenden wirtschaftlichen Neugründung und dem satzungsmäßigen Stammkapital ergibt, begrenzt ist (sog.reine Unterbilanzhaftung). Einer - so vom Insolvenzverwalter/Kläger - angestrebten unbegrenzten Haftung für sämtliche zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen seit Aktivierung der Gesellschaft erteilte der BGH dagegen eine Absage.

Zudem stellte der BGH fest, dass die Unterbilanzhaftung auch nachfolgende Gesellschafter trifft.

Die Darlegungslast übertrug der BGH den Gesellschaftern. Diese haben darzulegen, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten keine Differenz zwischen dem satzungsmäßigen Stammkapital und dem Wert des Gesellschaftsvermögens bestand.

Nach Zurückverweisung entschied nunmehr das Oberlandesgericht München abschließend durch Urteil vom 21.02.2013, dass die beklagten Gesellschafter, die aufgrund von Zweifeln über die ursprüngliche Einzahlung des Stammkapitals später zur Sicherheit nochmals das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt hatten, damit auch einen etwaigen Anspruch auf Ausgleich der Unterbilanz erfüllen wollten. Durch Zahlung sieht das OLG München den Haftungsanspruch als erfüllt an. Letztendlich blieb die Klage des Insolvenzverwalters nach einer Verfahrensdauer von fast fünf Jahren erfolglos.

Auch wenn der BGH durch seine Rechtsprechung die Haftungsrisiken für Gesellschafter bzw. deren Nachfolger bei unterlassener Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung deutlich begrenzt hat, besteht nach wie vor für Gesellschafter die Gefahr, für bisher unbekannte Verbindlichkeiten, die das Vermögen der Gesellschaft verringert und die Differenz zum satzungsmäßigen Stammkapital vergrößert haben, in Anspruch genommen zu werden.

Vor Anteilserwerb empfiehlt es sich daher stets im Rahmen einer Due Diligence-Prüfung die sorgfältige Ermittlung sämtlicher Verbindlichkeiten sowie Erstellung einer Übernahme-/Eröffnungsbilanz auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung.

Zur Vermeidung späterer unangenehmer Überraschungen sollten auch nachfolgende Gesellschafter einAugenmerk auf die Unternehmenshistorie werfen.

Zu diesem Themenkomplex steht ihnen beratend gerne Frau Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht Ulrike Anders zur Verfügung.